02.02.2024 | Nachricht

Giuseppe Gazzaniga (1743 - 1818): L’isola d’Alcina

CD Neuerscheinung

Die Schwetzinger SWR Festspiele präsentierten in Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum Hof | Musik | Stadt im Jahre 2022 ein weiteres Werk aus dem Repertoire der kurpfälzischen Hofmusik, das »Dramma giocoso per musica«  L’isola d’Alcina von Giuseppe Gazzaniga (1743 - 1818). Das Libretto schrieb Giovanni Bertati. Die Oper war 1772 in Venedig im Teatro San Mosé uraufgeführt worden. Bereits im folgenden Jahr, am 2. Mai 1773, wurde das Werk im Theater des Schwetzinger Schlosses auf die Bühne gebracht.

Bertati wählte einen Stoff, der weit in die Literaturgeschichte zurückweist: Die Geschichte von der Zauberin Alcina, die auf ihrer Insel Männer verhext und sie in wilde Tiere verwandelt, wird schon von Ariost in seinem Roman Orlando furioso von 1532 erzählt, reicht aber bis auf die Zauberin Circe in Homers Odyssee zurück und gehört zu den häufig vertonten Opernstoffen. Bertati siedelt die Handlung in der Gegenwart des 18. Jahrhunderts, dem Zeitalter der Aufklärung, an. Die auf Alcinas Insel gestrandeten Protagonisten, ein Engländer, ein Franzose, ein Italiener, ein Spanier und schließlich ein Deutscher kennen die Geschichte von der betörenden Zauberin und geraten dennoch in das Netz der immerhin mindestens 800 Jahre alten Dame. Überzeichnet sind die Charaktere in Hinsicht auf ihre Nationalität schon durch die sprechenden Rollennamen und durch die Einsprengsel aus ihren Muttersprachen. Besonders stark trifft es den deutschen Baron, dessen Name Brikbrak ebenso unaussprechlich wie unsanglich ist. Selbstverständlich spricht er auch ein grauenhaftes Italienisch. Die Musik Gazzanigas greift diesen Faden auf, etwa in der Auftrittsarie des Italieners Brunoro, die mit ihren virtuosen Koloraturen auf die italienischen Operngesangskunst anspielt. Bei aller Leichtigkeit und allem zuweilen etwas rustikalem Humor gibt es durchaus auch ernsthafte Momente. So ist die Figur der Alcina durchaus mehrschichtig angelegt, zeigt Brüche und Selbstzweifel. Noch kurz vor ihrer Entzauberung am Ende des Stückes offenbart Alcina den Überdruss an ihrem bisherigen Leben und ihre Sehnsucht nach Ruhe in einem kurzen Recitativo accompagnato, auf das ein ebenso kurzes arioses Affetuoso folgt: »Alcine, Alcine! was nutzen dir Jugend und Schönheit, wann dir alle Augenblick die innere Zufriedenheit fehlet?«, wie es in der Übersetzung des deutschen Libretto von 1773 heißt. So ließe sich das Ende der Oper nicht nur als Triumph über die böse Hexe, sondern auch als deren Erlösung lesen.

Gazzanigas Oper scheint in Schwetzingen ohne größere Veränderungen gegenüber den vorausgegangenen Aufführungen in Venedig und Mailand gespielt worden zu sein. Dies lässt sich aus einem Vergleich der erhaltenen Libretti schließen. Da kein Notenmaterial kurpfälzischer Provenienz überliefert ist, wurde für die Edition der dieser Aufnahme zu Grunde liegenden Partitur auf zwei Wiener Handschriften zurückgegriffen, die 1774, nur wenige Monate nach der Aufführung des Werkes in Schwetzingen, dort angefertigt worden waren.

Das Orchester L’arte del mondo unter Leitung von Werner Erhardt, das zusammen mit einem wunderbaren Sängerensemble die Schwetzinger Wiederaufführung übernommen hatte, legt jetzt mit ihrer bei dem Label deutsche harmonia mundi erschienenen CD die Ersteinspielung der Oper vor.

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